Ein interessanter Abend bei der Margit-Horváth-Stiftung zur aktuellen Politik
Claus Leggewie Professor für Politik– und Kulturwissenschaftler, Mitbegründer und Direktor des Zentrums für Medien und Interaktivität von 2001 — 2007 — mit Forschungsaufenthalten und Gastprofessuren in Berlin, Wien, Paris, New York, von 2007 bis August 2017 Leiter des Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI) war zu Gast bei der Margit-Horváth-Stiftung, welche mit einer Veranstaltung im Heimatmuseum Mörfelden der Frage nachgehen wollte, warum so viele Menschen die AfD wählen. Hierzu waren auch Schülerinnen und Schüler der Bertha-von-Suttner mit ihren Politik-, Geschichts- und Ethikkursen eingeladen. Einige der SchülerInnen der Bertha-von Suttner-Schule Mörfelden-Walldorf, der Ricarda-Huch-Schule Dreieich und der Dreieich-Schule Langen bereiteten sich intensiv auf den Besuch vor und formulierten Fragen, welche sie dem Politikwissenschaftler in einer Podiumsdiskussion stellen konnten.
Leggewie beschreibt zu Beginn des Podiumsgespräches auf die Frage nach der Geschichte der AfD von Seiten der Moderatorin Ulrike Holler die Entwicklung der AfD von der europa– und eurokritischen Anfangsphase bis hin zu rechtspopulistischen und auch rechtsextremen Positionen:
“Im Wechsel der Parteispitze von dem Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke über Frauke Petry zu Alexander Gauland und mit dem wachsenden Einfluss völkisch-autoritärer Politiker wie Björn Höcke und der außerparlamentarischen Pegida-Bewegung verlagerte sich der Schwerpunkt im Verlauf der „Flüchtlingskrise“ auf den Widerstand gegen Immigration v.a. arabischstämmiger und afrikanischer Flüchtlinge und gegen den Islam. Die AfD möchte die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und die angebliche „Umvolkung“ Europas beenden. Ihr Schwerpunkt hat sich so von wirtschaftsliberalen zu ethno-nationalistischen Positionen verschoben; „populistisch“ bleibt die Mobilisierung gegen politische, mediale und intellektuelle Eliten.”
Auf die Frage einer Schülerin, wohin dies führen kann, stellt Leggewie fest: “Wo die Rechte erfolgreich bei Wahlen ist, kann dies zu einer Dominanz ihrer Themen in den Medien und die Regierungsbildung bzw. –fähigkeit erschweren, auch zur Einbeziehung in Koalitionen führen, die das politische Spektrum nach rechts verschieben. Wo die Rechte die Regierung stellt, kommt es zur Aufhebung von Bürgerrechten und zur Zerstörung der Gewaltenteilung, bei Widerstand dagegen auch zu Staatsstreichen und Bürgerkriegen und zu Spannungen in der internationalen Politik.”
Wie umgehen mit Kästchen und Schubladen, in die man gesteckt wird, fragten die Schüler. — Auf jeden Fall solle man dies nicht so ernst nehmen. Es gebe so viele Schubladen, in die wir alle ständig gesteckt werden könnten …
Zur Frage der Oberstufenschüler*innen, was man denn dagegen tun könne, betont Leggewie, dass er reale Gefahren durchaus sehe, doch man dürfe sich thematisch nicht mehr von der AfD beherrschen lassen und müsse endlich wieder zu den wirklich bedeutsamen Themen wechseln wie z.B. Klimaschutz, sozialer Wohnungsbau, Beseitigung des Stadt-Land-Gefälles, Vertiefung der europäischen Union … Die Mobilisierung, das Engagement der Demokraten sei jetzt besonders wichtig.
Die Schülerinnen und Schüler erlebten gemeinsam mit dem sehr zahlreich erschienenen Publikum des Heimatmuseums der Stadt Mörfelden-Walldorf eine interessante Diskussion, an welcher sie sich aktiv beteiligen konnten. Auch wenn dies nicht die große Bühne Berlins oder Wiesbadens war, eine spannende Auseinandersetzung mit einem Wissenschaftler vom Fach und eine Anregung sich Gedanken zu machen war es in jedem Fall.
H. Buth – LK PoWi und Begleitung der Schülerinnen und Schüler bei der Veranstaltung
Claus Leggewie ist Professor für Politik– und Kulturwissenschaftler, Mitbegründer und Direktor des Zentrums für Medien und Interaktivität von 2001 — 2007 — mit Forschungsaufenthalten und Gastprofessuren in Berlin, Wien, Paris, New York. Von 2007 bis August 2017 leitete er das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI). Zum Wintersemester 2015/16 wurde er vom Präsidenten der Justus-Liebig-Universität als erster Amtsinhaber auf die Ludwig Börne-Professur berufen. Seine Forschungsschwerpunkte sind vielfach interkulturelle Fragen wie z.B.: Voraussetzungen und Folgen der kulturellen und religiösen Globalisierung, europäische Erinnerungskonflikte und Geschichtspolitiken, Demokratisierung nichtwestlicher Gesellschaften etc.
Navid Kermani schrieb über ihn: “Claus Leggewie behandelte 1990 die multikulturelle Gesellschaft nicht als etwas, das man ablehnt oder befürwortet, begrüßt oder verabschiedet, sondern als eine Wirklichkeit, die in ihrer Vielfalt zu beschreiben, zu analysieren und zu gestalten ist.”
Navid Kermani schrieb über Leggewie: “Claus Leggewie behandelte 1990 die multikulturelle Gesellschaft nicht als etwas, das man ablehnt oder befürwortet, begrüßt oder verabschiedet, sondern als eine Wirklichkeit, die in ihrer Vielfalt zu beschreiben, zu analysieren und zu gestalten ist.”